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27. Januar 2013 RA Marbod Hans

Der Tod und das Mietverhältnis – wie ist es mit der Haftung eines Erben für Schulden des Verstorbenen?

Der Fall: Der Mieter war gestorben. Seine Erbin wollte das Erbe wegen Überschuldung des Nachlasses ausschlagen, hat aber die gesetzliche 6-Wochen-Frist für die Ausschlagung versäumt.

Für einen Erben, der das Mietverhältnis nicht fortsetzen möchte, besteht ein Sonderkündigungsrecht mit der gesetzlichen Kündigungsfrist, die im vorliegenden Fall 3 Monate betrug. Hiervon hat die Erbin Gebrauch gemacht. Der Vermieter verlangte nach Beendigung des Mietverhältnisses den Mietzins für die drei Monate bis zur Beendigung, ferner machte er Schadenersatzansprüche wegen vom Mieter nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen und von diesem verursachter Beschädigungen an der Wohnung in Höhe von insgesamt 7.700,00 Euro geltend.Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Daraufhin legte die Erbin Berufung ein. Das zweitinstanzliche Landgericht reduzierte die von der Erbin zu zahlende Klagsumme auf 2.500,00 Euro. Daraufhin legten sowohl die Erbin als auch der Vermieter Revision zum Bundesgerichtshof ein: die Erbin mit dem Ziel, dass die Klage ganz abgewiesen wird, der Vermieter mit dem Antrag, dass das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt wird. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 23.01.2013 (AZ: VIII ZR 68/12) die Klage des Vermieters ganz abgewiesen, mit dem Ergebnis, dass die Erbin gar nichts zahlen musste. Zu entscheiden war die Frage, ob die vom Vermieter geltend gemachten Ansprüche „Nachlasserbenschulden“ oder „Nachlassverbindlichkeiten“ sind. Handelt es sich um ersteres, dann haftet ein Erbe hierfür persönlich mit seinem privaten Vermögen. Sind die geltend gemachten Vermieteransprüche dagegen lediglich als Nachlassverbindlichkeiten anzusehen, dann haftet ein Erbe nur beschränkt auf den Nachlass, und wenn dieser – wie im vorliegenden Fall – überschuldet ist, gibt es kein Vermögen, mit welchem die Forderung des Vermieters erfüllt werden kann. In diesem Fall bleibt das Privatvermögen des Erben unangetastet.

Der Bundesgerichtshof hat die Frage zugunsten des Erben und zu Lasten des Vermieters beantwortet:

„Wird das Mietverhältnis nach dem Tod des Mieters gemäß § 564 Satz 1 BGB mit dem Erben fortgesetzt, sind die nach dem Erbfall fällig werdenden Forderungen jedenfalls dann reine Nachlassverbindlichkeiten, wenn das Mietverhältnis innerhalb der in § 564 Satz 2 BGB bestimmten Frist beendet wird.“Zunächst hat der Bundesgerichtshof definiert, um was es sich bei „Nachlasserbenschulden“ handelt: Als sogenannte Nachlasserbenschulden werden im Allgemeinen Verbindlichkeiten bezeichnet, die durch Rechtsgeschäfte des Erben bei der Verwaltung des Nachlasses entstehen und die deshalb sowohl Eigenverbindlichkeiten des Erben als auch – soweit sie auf ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses beruhen – Nachlassverbindlichkeiten sind“. Unter diesem Blickwinkel lasse sich im vorliegenden Fall eine persönliche Haftung der Erbin nicht begründen, denn ein rechtsgeschäftliches Handeln der Erbin zur Fortsetzung des Mietverhältnisses liege nicht vor, da sie das Mietverhältnis ja explizit innerhalb der gesetzlichen Bestimmungen umgehend nach Kenntnis vom Erbfall gekündigt habe. Nachlassverbindlichkeiten sind dagegen solche Verbindlichkeiten, die zu Lebzeiten des Verstorbenen entstanden sind, und die sich, lebte er noch, gegen ihn selbst richten würden. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass Mietschulden reine Nachlassverbindlichkeiten sind, für die ausschließlich der Nachlass des Verstorbenen haftet. Die auf die Erfüllung einer Nachlassverbindlichkeit gerichtete Klage ist abzuweisen, wenn der Erbe die Dürftigkeitseinrede erhoben hat – also eingewendet hat, dass der Nachlass über kein positives Vermögen verfügt – und die Erschöpfung des Nachlasses feststeht.Fazit und Tipp: Auch dies ist wieder ein Fall, der zeigt, dass man als Partei eines Rechtsstreits wirklich erst dann Rechtssicherheit hat, wenn die letzte Instanz entschieden hat: hier ging der Fall über drei Instanzen mit drei völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Es kann sich auszahlen, wenn man sich als Erbe unmittelbar nach Kenntnis von einem Erbfall anwaltlich beraten lässt, insbesondere dann, wenn der Verstorbene Partei eines Mietverhältnisses war.

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