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25. Februar 2021 RA Andreas Pitsch

Hilfe für Corona-gebeutelte Einzelhändler

Das OLG Dresden entschied am 24.2.2021 in einem richtungsweisenden Urteil, dass die Kaltmiete für ein wegen der Corona-Maßnahmen vorübergehend geschlossenes Einzelhandelsgeschäft auf 50% anzupassen sei.
Geklagt hatte der Vermieter gegen die Betreiberin eines Textileinzelhandelsgeschäfts, die für April 2020 keine Miete gezahlt hatte. Sie hatte vom 19.3.2020 bis einschließlich 19.4.2020 ihr Geschäft coronabedingt nicht öffnen dürfen und war der Auffassung, dass deswegen ein Mangel der Mietsache vorliegt und sie die Miete für den fraglichen Zeitraum bis auf 0,00 Euro mindern dürfe. Hilfsweise berief sie sich auf die  Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung durch den Vermieter und, falls auch das nicht greife, auf eine Reduzierung der Miete im Weg der Anpassung des Mietvertrages nach den gesetzlichen Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage.
 
Das Landgericht Chemnitz sah in erster Instanz allerdings keinen Grund für die Nichtzahlung der Miete und verurteilte die Beklagte zur Zahlung in voller Höhe.
 
Anders das Oberlandesgericht Dresden, das der Berufung der Ladeninhaberin zum Teil stattgab. Zwar liege kein Mangel des Mietobjekts vor, und die Vorschriften der Unmöglichkeit seien auch nicht heranzuziehen. Infolge des Auftretens der Corona-Pandemie und der Schließungsanordnung liege jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, die eine Anpassung des Mietvertrages erforderlich mache.
 
Nach Ansicht der Richter ist deshalb für die Dauer der angeordneten Schließung eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte geboten. Diese Anpassung sei deshalb begründet, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder die Störung vorhergesehen habe. Angemessen sei es, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Mietvertragsparteien zu verteilen.
 
FAZIT:
 
Das Urteil dürfte weitreichende Folgen haben. Zumindest können sich die Einzelhändler darauf berufen, die die Miete „Corona-schließungsbedingt“ nicht oder nicht vollständig gezahlt haben und zukünftig nicht vollständig zahlen wollen. Ob es auch z. B. für FriseurInnen, KosmetikerInnen, Freizeiteinrichtungen und gar Bars und Gaststätten so gilt, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall dürfte es für Betroffene mit Geschäften im Freistaat Sachsen aussichtsreich sein, vom Vermieter eine entsprechende Anpassung des Vertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage zu verlangen, und es im Weigerungsfall auf eine gerichtliche Entscheidung – des Oberlandesgerichts Dresden – ankommen zu lassen.
 
(Bitte beachten Sie: dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und kann eine solche nicht ersetzen. Bei Beratungsbedarf sprechen Sie uns bitte gern an.)
 

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