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01. Juli 2019 RAin Mona Schlolaut

Kindergeld – Allgemeine Voraussetzungen und Besonderheiten

Wer kann Kindergeld beziehen? Für welche Kinder und Jugendliche besteht der Anspruch? Wie ist das bei getrennt lebenden Eltern? Diese und weitere Fragen beantwortet der Fachbeitrag von Rechtsanwältin Mona Schlolaut zum Kindergeld.

Rechtsanwältin Mona Schlolaut, Chemnitz

Kindergeld können Personen beziehen, die anspruchsberechtigt sind. Grundsätzlich anspruchsberechtigt können sein:

+ Inländer, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, § 52 Abs.1 Nr. 1 EStG,

+ Inländer, die unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 2 und 3 EStG sind. Diese brauchen dann eine Bescheinigung nach § 39 c Abs. 3 und 4 EStG,

+ Keine Inländer, die entweder freizügigkeitsberechtigt sind oder eine Niederlassungserlaubnis oder Aufenthaltserlaubnis besitzen.

Die Kinder, für die Kindergeld begehrt wird, müssen sich entweder im Inland oder in Europa aufhalten. Zu „Europa“ zählen die Länder der EU und Länder, mit denen ein Abkommen unterzeichnet wurde. Nur ausnahmsweise kann auch für Kinder, die sich im sonstigen Ausland aufhalten, Kindergeld beantragt werden.

Kinder, für die Kindergeld beantragt werden kann sind

+ leibliche Kinder,

+ Pflegekinder,

+ Kinder des Ehegatten, die im gemeinsamen Haushalt aufgenommen wurden (Stiefkinder)

+ Enkel, die im Haushalt aufgenommen wurden.

Man unterscheidet darüber hinaus Kindergeld für Kinder, die unter 18 Jahre alt sind und Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Der Anspruch endet am Ende des Monats, in dem ein Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat.

Für Kinder über 18 Jahre wird Kindergeld gezahlt, wenn die „Kinder“

+ arbeitsuchend sind,

+ sich in einer Berufsausbildung befinden,

+ ohne Ausbildungsplatz sind, aber ausbildungswillig sind,

+ ein freiwilliges soziales oder ökologischen Jahr oder andere anerkannte Freiwilligendienste ableisten,

+ sich in einer maximal 4-monatigen Übergangszeit befinden,

+ behindert sind.

Arbeitssuchende Kinder können bis zum 21. Lebensjahr Kindergeld bekommen, die anderen bis zum 25. Lebensjahr. Nur Behinderte können – je nach ihren Einkommensverhältnissen – ein Leben lang Kindergeld beziehen, wenn die Behinderung vor dem 25. Lebensjahr festgestellt wurde und ein Elternteil noch lebt.

Bis zu einem gewissen Grad besteht hier ein Gestaltungsspielraum, der sinnvoll genutzt werden kann und bei Vorlage von entsprechenden Nachweisen auch von der Kindergeldkasse akzeptiert wird.

Wichtig ist, dass etwaige Leistungen nach dem 18. Lebensjahr nur auf Antrag gewährt werden können und die Leistungen maximal 6 Monate rückwirkend bewilligt werden können.

Problematisch ist immer wieder die Kindergeldzahlung nach der Trennung. Im Unterhaltsrecht wird das hälftige Kindergeld dem Unterhaltspflichtigen angerechnet, wenn die Kinder bei dem anderen Elternteil leben und der Unterhaltspflichtige Barunterhalt leistet.

Beim Wechselmodell kommt es darauf an, ob sich das Kind zu annähernd gleichen Teilen (50/50 bis maximal 60/40 laut BFH) bei beiden Elternteilen aufhält, in beiden Wohnung einen eigenen Rückzugsbereich hat und beide Eltern gemeinsamen Entscheidungen treffen. Dann spricht man von einem „gemeinsamen Haushalt“. Wenn sich Eltern nicht einigen können, wer das Kindergeld beantragt, muss das Familiengericht darüber entscheiden. Die Familienkasse selbst darf nicht entscheiden, sondern ist an die Entscheidung gebunden.

Wenn kein gemeinsamer Haushalt geführt wird, dann ist derjenige Elternteil antragsberechtigt, der das Kind in Obhut hat („Obhutsprinzip“).

Probleme bestehen in der Praxis immer wieder, wenn der „falsche“ Elternteil Kindergeld bezogen hat, obwohl er nicht (mehr) berechtigt war, z. B. wenn ein Kind den elterlichen Haushalt verlässt und zu einem anderen Elternteil zieht, nach dem 18. Lebensjahr „herumbummelt“, anstatt sich zu bewerben oder eine Ausbildung anzutreten und es zu einer Überzahlung kommt.

Jedwede Veränderungen sind der Familienkasse anzuzeigen. Ob sich etwas an der Bezugsberechtigung ändert, unterliegt der Entscheidungshoheit der Familienkasse. Etwaige Überzahlungen können noch Jahre später zurückgefordert werden, eine rückwirkende Bewilligung jedoch nur 6 Monate erfolgen, auch wenn der materiell-rechtliche Anspruch auch vier Jahre zurückreicht.

Immer wieder stellen junge Erwachsene die Frage, ob das Kindergeld direkt über eine Abzweigung an sie ausgezahlt werden kann. Das ist nur unter engen Voraussetzungen der Fall. Maßgebend ist, ob der Unterhaltsverpflichtete Unterhaltszahlungen leistet und gegebenenfalls in welcher Höhe. Wenn der gezahlte Unterhaltsbetrag das Kindergeld übersteigt, kommt keine Abzweigung in Betracht; wird der Unterhalt teilweise gezahlt, wird das Kindergeld auch nur teilweise abgezweigt.

Beispiel: Kindergeldanspruch 204,00 € ./. 100,00 € gezahlter Unterhalt = 104,00 € Abzweigungsbetrag.

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