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24. April 2020 RA Andreas Pitsch

Stadt Chemnitz verwendete rechtswidrige Arbeitsvertragsklausel

Die Rechtsanwälte Bayh & Fingerle haben in einem Rechtsstreit mit der Stadt Chemnitz eine für den Mandanten günstige arbeitsgerichtliche Entscheidung herbeigeführt, die weit über die Bedeutung des Einzelfalls hinausgeht.

Das für die Arbeitsverträge mit den Beschäftigten zuständige Hauptamt der Stadt Chemnitz hatte bei der Einstellung im Frühjahr 2018 dem Beschäftigten einen Arbeitsvertrag vorgelegt, der die folgende Klausel enthielt:

„Der Beschäftigte ist für die Dauer von zwei Jahren, gerechnet ab Vertragsbeginn, an den Arbeitsplatz mit der Stellenplannummer (diese war dann konkret bezeichnet) gebunden.“

Als sich der Beschäftigte innerhalb dieser Frist um eine andere ausgeschriebene Stelle bewarb, wurde seine Bewerbung unter Berufung auf diese Klausel von vornherein nicht in das Auswahlverfahren einbezogen. In den Unterlagen zum Auswahlverfahren wurde der Beschäftigte aufgrund dieser Arbeitsvertragsklausel als „nicht geeignet“ markiert, obwohl er alle Voraussetzungen des Stellenprofils erfüllte.

Das Arbeitsgericht Chemnitz hat mit Urteil vom 12.12.2019, das seit 30.03.2020 rechtskräftig ist, festgestellt, dass diese so genannte Bindungsklausel unwirksam ist. Wörtlich führt das Gericht aus, dass der Beschäftigte durch diese Klausel unangemessen benachteiligt wird, da sie ihm seine Rechte gemäß Art. 33 Abs. 2 GG (Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland) abschneiden will. Art. 33 Abs. 2 GG diene dem Interesse an der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden solle der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist. Mit diesem Grundsatz der Bestenauslese soll zum einen das fachliche Niveau und die rechtliche Integrität öffentlicher Ämter gewährleistet und die Effizienz staatlicher Aufgabenerfüllung gesichert werden. Zum anderen trage die Bestimmung dem berechtigten Interesse der Bewerber an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung.

Deswegen, so das Gericht weiter, verletzte die von der Stadt Chemnitz gestellte Vereinbarung über die Bindung an eine Stelle das berechtigte Interesse des Bewerbers an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Auch werde der Grundsatz der Bestenauslese allein schon dadurch verletzt, dass der möglicherweise Beste aufgrund einer arbeitsvertraglichen Klausel zeitweise gehindert wird, an einem Bewerberauswahlverfahren teilzunehmen.

In dem Prozess wurde deutlich, dass die Stadt Chemnitz diese Klausel nicht nur in diesem Einzelfall, sondern regelmäßig in den Arbeitsverträgen verwendet, um zu vermeiden, dass besetzte Stellen kurzfristig wieder neu besetzt werden müssen, weil sich der Inhaber erfolgreich um eine andere Stelle beworben hat.

Diese Praxis der Personalverantwortlichen bedeutet letztlich, dass nicht nur systematisch die Rechte der betreffenden Beschäftigten verletzt werden, sondern dass bei der Besetzung von Stellen in der Stadtverwaltung Chemnitz nicht gewährleistet ist, dass der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignete Bewerber die Stelle auch bekommt.

Ob und zu welchen Konsequenzen dieses Urteil im Hauptamt der Stadt Chemnitz führt, ist nicht bekannt.

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