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25. März 2009 Bayh & Fingerle

Kaprun-Katastrophe

Deutsche Gutachter erstatten Anzeige wegen Korruption

Im Kampf um eine Wiederaufnahme des Verfahrens um die Ursachen der Gletscherbahnkatastrophe von Kaprun fahren der Stuttgarter Gutachter Hans-Joachim Keim und Bernhard Schrettenbrunner jetzt schwere Geschütze auf. Die Gutachter erstatteten am 23.03.2009 am Landgericht Wien Strafanzeige wegen Verdachts der Korruption und der vorsätzlichen Strafvereitelung gegen die österreichischen Sachverständigen und Unbekannt. Nach Recherchen ihres Unternehmens wurden die amtlichen Ermittlungen, die nach der Katastrophe im November 2000 vom österreichischen Innenministerium vorgenommen wurden, sabotiert. Unter anderem sollen die Beschuldigten Beweismittel unterschlagen haben. Andere Beweismittel, die sich bereits in der Obhut des zuständigen Gerichts befanden, sollen zerstört oder unterschlagen worden sein. Dies berichtet der Fachdienst Beck-Online.Zwar hatte das österreichische Justizministerium 2008 auf eine Strafanzeige Keims gegen die vier österreichschen Prozess-Sachverständigen weitere Ermittlungen im Fall Kaprun zugelassen. Wie die Sprecherin der Salzburger Staatsanwaltschaft, Barbara Feichtinger, der Deutschen Presse-Agentur dpa jedoch am 23.03.2009 bestätigte, seien alle vier angezeigten Gutachter einer Vorladung der zuständigen Staatsanwältin Eva Danninger ferngeblieben. Wie die Staatsanwaltschaft gegen die Beschuldigten weiter vorgehen wird, ist nicht bekannt.Bei dem verheerenden Brand in den Wagen der Standseilbahn waren am 11.11.2000 in einem Tunnel insgesamt 155 Menschen verbrannt oder erstickt, unter ihnen mehr als 30 Deutsche. Im ersten Prozess 2004 in Salzburg waren alle 16 österreichischen Angeklagten freigesprochen worden. Eineinhalb Jahre später wurde das Urteil bestätigt. Nach vergeblichen Versuchen, ein Wiederaufnahmeverfahren zu erreichen, akzeptierten die Rechtsvertreter der überlebenden Opfer oder Angehörigen schließlich im Sommer 2008 einen Vergleich, der den über 400 Angehörigen insgesamt 13,9 Millionen Euro zusprach. Allein rund zehn Millionen Euro kostete jedoch schon das jahrelange Gerichtsverfahren. Sechs Opfer-Angehörige haben inzwischen die ihnen überwiesenen Beträge wieder zurückgeschickt.In seiner neuen Strafanzeige gegen Unbekannt und gegen die österreichischen Sachverständigen wirft Keim diesen unter anderem vor, Beweismittel unterschlagen zu haben, die etwa die extrem hohe Brandgefährlichkeit des von den Konstrukteuren der Standseilbahn verwendeten Hydrauliköls belegt hätten.Inzwischen wurde bei einem New Yorker Gericht im Auftrag von Hinterbliebenen aus Japan, Deutschland und den Niederlanden eine Schadenersatzklage im Zusammenhang mit der Katastrophe eingebracht. Damit soll der im Sommer 2008 geschlossene Vergleich für ungültig erklärt werden, sagte der österreichische Rechtsanwalt Gerhard Podovsovnik. Sein US-Partner James Lowy habe den ursprünglichen Kaprun-Prozess im Hinblick auf die jetzt vorliegenden Anzeigen gegen Sachverständige als „fehlerhaft“ bezeichnet.

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