Kontakt

23. Februar 2013 RA Marbod Hans

Eigenbedarf des Vermieters kann auch mit Nutzung der Wohnräume zu ausschließlich beruflichen Zwecken begründet werden.

Der Fall:Bekanntlich kann ein Vermieter dem Mieter wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt.

Was ist aber, wenn er die vom Mieter bewohnten Räume ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit nutzen will, sie also gerade nicht zu „Wohnzwecken“ benötigt? Ein Vermieter hatte dem Mieter wegen Eigenbedarfs mit der Begründung gekündigt, seine Ehefrau beabsichtige, ihre Anwaltskanzlei in die Wohnung der Mieter zu verlegen. Die Mieter widersprachen der Kündigung mit der Begründung, das Gesetz sehe in den beispielhaft aufgeführten Kündigungsgründen eine Berechtigung für den Vermieter für einen Eigenbedarf nur vor, wenn die Räume als Wohnraum vom Vermieter benötigt wurden. Das Amtsgericht ist dieser Auffassung gefolgt, hat die Kündigung als unbegründet angesehen und die Räumungsklage abgewiesen. Daraufhin hat der Vermieter Berufung zum Landgericht eingelegt, hatte aber keinen Erfolg, denn das Landgericht hat die Auffassung des Amtsgerichts bestätigt. Gegen diese Entscheidung hat der Vermieter Revision zum Bundesgerichtshof, dem höchsten deutschen Gericht in Zivilsachen, erhoben. Der Bundesgerichtshof hat die Sache anders gesehen als die beiden Vorgängerinstanzen und hat der Räumungsklage mit Urteil vom 26.09.2012 stattgegeben (AZ: VIII ZR 330/11): Ein Vermieter kann sich bei einer Kündigung nicht nur auf die im Gesetz in § 573 Abs. 2 BGB beispielhaften aufgeführten Kündigungsgründe (Erhebliche Verletzung der Pflichten durch den Mieter, Eigenbedarf, Hinderung an einer wirtschaftlichen Verwertung), sondern auch auf die Generalklausel des § 573 Abs. 1 BGB berufen, wonach eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses generell dann möglich ist, wenn der Vermieter „ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses“ hat. Nach dem Bundesgerichtshof setzt ein solches „berechtigtes Interesse“ des Vermieters voraus, dass der Vermieter „vernünftige Gründe für die Inanspruchnahme der Wohnung hat, die den Nutzungswunsch nachvollziehbar erscheinen lassen“. Hierbei ist zu beachten, dass der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 1 BGB gleichgewichtig zu den Kündigungsgründen des § 573 Abs. 2 BGB ist. Im vorliegenden Fall – so der Bundesgerichtshof – sei ein Kündigungsinteresse des Vermieters zu bejahen: Wenn der Vermieter die vermietete Wohnung überwiegend für eigene gewerbliche Zwecke und nur teilweise für eigene Wohnzwecke nutzen will, sei „das hierdurch begründete Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1 BGB auf Grund der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit nicht geringer zu bewerten als der in § 573 Abs. 2 BGB gesetzlich geregelte Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken“. Und weiter heißt es im Urteil wörtlich: „An dieser Wertung ändert sich nichts dadurch, dass der Vermieter die vermietete Wohnung ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit oder – wie hier – für die berufliche Tätigkeit eines Familienangehörigen nutzen will. Denn auch insofern ist ein dem Kündigungsgrund des Eigenbedarfs gem. § 573 Abs. 2 BGB ‚artverwandtes’ Interesse vorhanden.“Der Mieter musste nach dieser Entscheidung trotz zweier gewonnener Instanzen ausziehen. Fazit und Tipp: Dieser Fall zeigt einmal mehr: Obwohl ein Amtsrichter und 3 Berufungsrichter über den Fall entschieden hatten und zum gleichen Urteil gekommen waren, dass ein berechtigtes Interesse des Vermieters nicht vorliege, heißt dies noch lange nicht, dass ein Fall nicht in der Revisionsinstanz von 5 Bundesrichtern nochmals anders gesehen werden kann. Rechtssicherheit hat man als Kläger oder Beklagter, Vermieter oder Mieter, daher erst, wenn eine Entscheidung rechtskräftig geworden ist. Egal wie man zu dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht, in jedem Fall besteht jetzt Rechtssicherheit für beide Mietparteien dahingehend, dass ein Vermieter die ordentliche Kündigung auch dann aussprechen kann, wenn er die Wohnung ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit oder die seiner Familienangehörigen nutzen will.

in Beitrag, Allgemein

Mehr von